«Private Dinner» mit 007 und 008 im Club Mosimann’s
Es begann fulminant mit einem Dinner im berühmten Club «Mosimann’s» im Londoner Edelviertel Belgravia. Der Solothurner Anton Mosimann emigrierte in jungen Jahren nach England, war schon mit 28 Jahren Chefkoch des Dorchester Hotels und galt während Jahrzehnten als einer der Lieblingsköche der Königlichen Familie. Sein Sohn Mark, der heute zusammen mit seinem Bruder das Familienunternehmen führt, hiess uns willkommen und teilte interessante unternehmerische Einsichten zur Zukunft der Gastro-Branche; und er betonte, wie wichtig die Schweizer DNA von Mosimann’s bis heute ist.
Dann schlug die Stunde von 007 – und das gleich im Doppelpack. Zwei «Senior Partners» der Strategieberatung «Hakluyt», die von ehemaligen Agenten des MI6 gegründet wurde und die heute sowohl die Labour Regierung rund die Hälfte der FTSE-100-Unternehmen berät, nahmen uns mit auf eine faszinierende «tour d’horizon» der globalen geopolitischen Verschiebungen, die sich derzeit abzeichnen – und skizzierten, was das für multinational agierende Unternehmen in Zukunft bedeuten könnte: Wirtschaft wird unweigerlich immer mehr zur (Geo)Politik.
Ein exquisiter Abend, kulinarisch wie intellektuell.
«Rethinking Security in Europe» mit General Sir Richard Barrons
Am nächsten Morgen erwartete uns eine Begegnung mit General Sir Richard Barrons, einem ehemaligen Generalstabschef der britischen Armee, der heute die britische Regierung in Strategiefragen berät und die zukünftige Verteidigungsdoktrin des Vereinigten Königreichs erstellt.
Häufig reden die viel, die wenig wissen – und die, die viel wissen, schweigen. Nun, Richard Barrons ist eine Ausnahme: Ein Insider, der kein Blatt vor den Mund nimmt, und der die Gefahren, die Westeuropa – und damit natürlich auch der Schweiz – von autokratischen Regimen wie Russland und China künftig drohen, sachlich, ruhig und knallhart beschreibt. Insbesondere verwies er auf zwei Trends: Auseinandersetzungen unterhalb der Kriegsschwelle und die Entwicklung autonomer, vernetzter Waffensysteme.
Sir Richard gab uns den freundschaftlich gemeinten Hinweis mit auf den Weg: «Auch neutrale Länder wie die Schweiz brauchen Freunde.»
Besuch bei Tyler Brûlés Nischen-Medienimperium
Szenenwechsel in eine andere Realität, nur wenige Kilometer entfernt in diesem vielfältigen Mikrokosmos London, von dem heute wie damals gilt, was der berühmte Literat Samuel Johnson einst sagte: «When a man is tired of London, he is tired of life.» - «Wer London satthat, hat das Leben satt.»
Sophie Grove, die Chefredakteurin von «Konfekt», erklärte uns, wieso der totgeglaubte Print-Journalismus doch länger lebt, als man im online-Zeitalter vermuten würde. Jedenfalls eine interessante Wette gegen den Zeitgeist, die bislang aufzugehen scheint. Und auch die ebenso oft totgesagte Globalisierung scheint mitnichten am Ende, wenn man sich im Hauptsitz von «Monocle» umhört: Die Mischung aus internationalem Life-style und globaler Politik, die sich an ein junges, urbanes, kosmopolitisches Publikum wendet, stösst weiterhin auf reges Interesse.
«UK after Brexit: Implications for Switzerland and Europe” mit dem Schweizer Botschafter
Weniger trendy, dafür umso repräsentativer und stilvoller ging es weiter mit einem Mittagessen auf der Schweizer Botschaft. Botschafter Markus Leitner schilderte uns mit der gebotenen diplomatischen Subtilität seine Sicht der neuen politischen Realitäten in UK – und was diese für die Schweiz bedeuten könnten, insbesondere auch in Bezug auf unser Verhältnis zur EU.
«London startup ecosystem – a perspective”
Nächste Station, wiederum in einem anderen Londoner Mikrokosmos, in einem der Hochhäuser der Canary Wharf, einem Geschäftsquartier im Herzen der Docklands, dem ehemaligen Hafengebiet der britischen Hauptstadt. Diese Konkurrenz zum Finanzzentrum in der City of London geht übrigens auf die Initiative von Margaret Thatcher zurück.
Das Thatcher’sche Unternehmer-Ethos wirkt auch im «Level 39» weiter, einer Plattform, die Start-ups fördert und begleitet. Die Chefin von «Level 39», Amy French, und der Start-up-Experte von HSBC, Roland Emmans, plauderten aus dem Nähkästchen der Digital-Szene – und verrieten, welche Kriterien wirklich von Bedeutung sind, wenn man versucht, das nächste Einhorn zu erkennen (und wie wichtig die Interaktion von Tech und menschlicher Psychologie für wirklich schlagkräftige digitale Geschäftsmodelle sind).
Von London nach Oxford: Regen und Erkenntnisse
Der Bus-Transfer von London nach Oxford (bei zuverlässig regnerischem Wetter) führte uns vor Augen, wie sehr Südengland inzwischen zu einer gewaltigen Metropolitan-Region zusammengewachsen ist – ähnlich wie ja auch die Schweiz.
Das Powerhouse London vibriert vor kreativer und kommerzieller Energie, zieht wie ein Magnet Kapital und Talente aus aller Welt an – also das, was im Norden England schmerzhaft fehlt. Dort herrscht vielerorts Perspektivlosigkeit und Wut; in der Vorwoche unserer Reise war es in vielen nördlichen Städten zu üblen Ausschreitungen gekommen.
Oxford University: “Reflections on Science, Business and Europe” mit Sarah Springman und Doris Leuthard sowie weiteren Professoren
In Oxford nahm uns Prof. Dame Sarah Springman in Empfang, die langjährige Rektorin der ETH Zürich, die heute dem St. Hilda’s College vorsteht. Auch in Oxford lohnte sich ein Blick hinter die (wunderschönen mittelalterlichen) Kulissen. Ein wie kompliziertes Gebilde die Oxford University ist, wurde klar bei der Frage der Finanzierung der einzelnen Colleges, von denen einige steinreich sind, während andere von ständigen Budget-Sorgen geplagt werden (von einem Finanzausgleich innerhalb der Universität scheint man nicht viel zu halten). Zusammengefasst ist Oxford eine autonome Institution, deren Colleges sowohl staatliche als auch private Mittel erhalten, während die ETH Zürich eine staatliche, vom Bund verwaltete Hochschule ist.
Einen gewaltigen Vorteil hat das College-System: Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster Fachrichtungen leben unter einem Dach zusammen, was die Gefahr des akademischen Silo-Denkens bricht. Und wie steht es damit an Schweizer Universitäten? fragt man sich unwillkürlich.
Nach dem ausgezeichneten Dinner zeichneten Sarah Springman, Doris Leuthard und namhafte Oxford-Professoren ein «big picture» der europäischen Wirtschafts- und Forschungslandschaft. Insbesondere die Frage der Energie-Zukunft wurde (durchaus kontrovers) erörtert. Die bewährte Formel dieser Reise – food and food for thought – bewährte sich einmal mehr.
«Found. Fund. Scale» mit Jim Wilkinson.
Am dritten und letzten Tag stand eine Session mit Jim Wilkinson, dem CEO von «Oxford Science Enterprises», auf dem Programm, der an der Schnittstelle zwischen universitärer Innovation und kommerzieller Anwendung arbeitet. Ein aufschlussreicher Einblick in die Mechanik neuer Geschäftsideen und die Welt von «Venture Capital».
Auf die Frage, was die neue britische Regierung tun solle, um Grossbritannien technologisch wettbewerbsfähiger zu machen, gab Wilkinson eine interessante Antwort: «Am besten gar nichts».
“Democracy and Technology” mit Prof. Philip Howard
Eine letzte, rege Diskussionsrunde schloss sich an ein Referat von Prof. Philip Howard an, Autor des Buches «Lie Machines». Howard beschäftigt sich am IPIE (International Panel on Information Environment) mit einem Thema, das uns alle umtreibt: Wie lässt sich verhindern, dass «social media»-Blasen die demokratischen Debatten beeinflussen und beschädigen?
Wie sehr die Künstliche Intelligenz das Problem künftig noch verschärfen dürfte, machte Howard klar, indem er eine Wette abschloss. Noch in diesem Jahr werde in einem grossen westlichen Land professionell hergestellte «news» durch KI-generierte «news» ersetzt werden, und zwar als Reaktion auf striktere Regulierung. Plattformen wie Facebook, so Howard, würden ihre journalistischen Inhalte streichen, um keine Zahlungen an Medien-Organisationen leisten zu müssen.
Ein Blick in die nahe Zukunft – beunruhigend, aber eben unverzichtbar. Und das galt eigentlich für alles, was wir auf dieser spannenden Reise an Erkenntnissen gewannen.
Es war bemerkenswert, dass viele Expert:innen die Bedeutung von Resilienz und Bildung in unseren europäischen Gesellschaften betonten. Wir tasten uns gegenwärtig in einer verunsicherten Welt zu einem «new normal» vor – und wer mit wichtigen Akteuren spricht, erkennt früher, wie sich dieses «new normal» wirtschaftlich auswirken könnte.
Private Dinner with 007 and 008 at Mosimann’s Club
The journey began with a grand dinner at the famous "Mosimann’s" Club in the upscale London neighborhood of Belgravia. Anton Mosimann, originally from Solothurn, Switzerland, moved to England at a young age and became the head chef of the Dorchester Hotel at just 28. For decades, he was one of the Royal Family's favorite chefs. His son Mark, who now runs the family business with his brother, welcomed us and shared fascinating entrepreneurial insights into the future of the hospitality industry, emphasizing the enduring importance of Mosimann’s Swiss roots.
Then came the hour of 007 – and in a double act. Two senior partners from the strategy consultancy "Hakluyt," founded by former MI6 agents and now advising both the Labour government and half of the FTSE-100 companies, took us on a fascinating tour of the global geopolitical shifts currently taking place. They sketched out what these changes could mean for multinational companies in the future: business is inevitably becoming more intertwined with (geo)politics. A truly exquisite evening, both gastronomically and intellectually.
Rethinking Security in Europe with General Sir Richard Barrons
The next morning, we met with General Sir Richard Barrons, a former Chief of the British Army and current advisor to the British government on strategic matters, responsible for shaping the UK's future defense doctrine.
While those with little knowledge often speak a lot, those with deep insight tend to stay quiet – but Richard Barrons is an exception. He spoke candidly and directly about the future dangers that autocratic regimes like Russia and China could pose to Western Europe, including Switzerland. He particularly pointed to two trends: sub-threshold conflicts and the development of autonomous, interconnected weapon systems.
Sir Richard left us with a friendly reminder: "Even neutral countries like Switzerland need friends."
A Visit to Tyler Brûlé's Niche Media Empire
Our next stop took us into a different reality, just a few kilometers away in London’s vast and diverse microcosm, proving once again Samuel Johnson’s famous quote: "When a man is tired of London, he is tired of life."
Sophie Grove, editor-in-chief of "Konfekt," explained why print journalism, once considered dying, is still alive and well in the digital age – an interesting bet against the zeitgeist that seems to be paying off. At "Monocle" headquarters, the combination of international lifestyle and global politics aimed at a young, urban, cosmopolitan audience continues to generate significant interest.
UK after Brexit: Implications for Switzerland and Europe with the Swiss Ambassador
In a less trendy but equally stylish and formal setting, we enjoyed lunch at the Swiss Embassy. Ambassador Markus Leitner gave a subtle diplomatic overview of the new political realities in the UK and what they could mean for Switzerland, particularly regarding our relationship with the EU.
London Startup Ecosystem – A Perspective
Next, we ventured into another corner of London, the Canary Wharf business district in the Docklands, an area once initiated by Margaret Thatcher as a competitor to the City of London.
The entrepreneurial spirit of Thatcher still lives on at "Level 39," a platform supporting startups. Amy French, head of "Level 39," and Roland Emmans, startup expert at HSBC, shared insights into the digital scene and revealed what truly matters when identifying the next unicorn. They emphasized the crucial interplay between technology and human psychology in creating successful digital business models.
From London to Oxford: Rain and Insights
The bus ride from London to Oxford (in predictably rainy weather) highlighted how much southern England has grown into a vast metropolitan region, much like Switzerland.
London vibrates with creative and commercial energy, attracting talent and capital from around the world – something sorely lacking in the north of England, where frustration and a lack of prospects have led to riots in many northern cities just the week before our visit.
Oxford University: Reflections on Science, Business, and Europe with Sarah Springman and Doris Leuthard
In Oxford, we were welcomed by Prof. Dame Sarah Springman, long-time rector of ETH Zurich and now head of St. Hilda’s College. Our visit revealed the complexities of Oxford University, where some colleges are wealthy while others struggle with constant budget concerns, with little interest in financial equalization within the university.
One advantage of the college system is that experts from different fields live under one roof, breaking down the barriers of academic silo thinking – a question that Swiss universities might ponder.
After an excellent dinner, Sarah Springman, Doris Leuthard, and prominent Oxford professors painted a "big picture" of Europe's economic and research landscape, particularly focusing on the future of energy – a topic that sparked lively debate.
Once again, the formula of "food and food for thought" proved successful.
Found. Fund. Scale with Jim Wilkinson
On the third and final day, we attended a session with Jim Wilkinson, CEO of "Oxford Science Enterprises," who operates at the intersection of university innovation and commercial application. His insights into the mechanics of new business ideas and the world of venture capital were invaluable.
When asked what the new British government should do to make the UK more competitive in technology, Wilkinson gave an interesting answer: "Best to do nothing."
Democracy and Technology with Prof. Philip Howard
The last session was a lively discussion following a lecture by Prof. Philip Howard, author of the book "Lie Machines." Howard, who works with the International Panel on the Information Environment (IPIE), tackled the pressing issue of how to prevent social media bubbles from distorting and damaging democratic debate.
He closed with a wager: before the end of this year, professionally created news will be replaced by AI-generated content in a major Western country. This, he predicted, will be a response to stricter regulation, as platforms like Facebook will opt to eliminate journalistic content rather than pay media organizations.
This look into the near future – disturbing but necessary – was indicative of everything we learned on this fascinating trip.
It was remarkable how many experts emphasized the importance of resilience and education in our European societies. We are currently navigating towards a "new normal" in an uncertain world, and speaking with key players helps us foresee how this "new normal" may impact the economy.